07 August 2020  

Wernher von Braun

Der Raumfahrtpionier des 20. Jahrhunderts

Die Ursprünge der praktischen und industriellen Raumfahrttechnik, so wie wir sie heute kennen, liegen in der
Entwicklungsarbeit der Heeresversuchsanstalt in Peenemünde der Jahre 1936 - 1945. Diese hatte die
Entwicklung und Herstellung einer neuartigen Artilleriewaffe in Auftrag gegeben und mit der technischen
Leitung über tausende von Ingenieuren, Wissenschaftlern und Technikern den jungen Wernher von Braun
betraut (24 Jahre, frisch promoviert). Wernher von Braun und seinem Team gelang es, alle technologischen
Probleme der ersten Flüssigkeitsgroßrakete, dem Aggregat-4, zu lösen, vom Antrieb, über Aerodynamik,
Lageregelung, Bordsteuerung, Struktur, Navigation, Bahnverfolgung, Qualitätskontrolle bis zur operationellen
Handhabung und Serienproduktion. Ein erfolgreicher erster Flug am 3. Okt 1942 erreichte den Rand des
Weltraums - ein historisches Datum!

Zwar für den Kriegseinsatz entwickelt, erwiesen sich unmittelbar danach im Zuge des Technologietransfers
von Deutschland zu den alliierten Siegermächten ("intellektuelle Reparationsleistungen") alle diese
Technologiebereiche und ihre Lösungen als maßgebende Richtungsvorgaben für die eigene Raketenentwicklung in
der damaligen Sowjetunion, den USA, Großbritannien und Frankreich.
Bald im Verlauf des Kalten Krieges nach 1945 brachten es die Propagandaanstrengungen beider Weltmächte,
USA und UdSSR, mit sich, daß der Nachweis, welche Nation die technologisch modernere und mächtigere sei,
mit zivilen, ersten Raumfahrtmissionen vor der Weltöffentlichkeit durchgeführt wurden (Sputnik, Explorer-1,
Gagarin, Lunik usw.).

Während im militärisch geheimen Hintergrund mächtige neue Trägerraketen mit nuklearen Sprengköpfen
in Stellung gebracht wurden, mächtige Nachfahren des Aggregat-4, spielten im Vordergrund der
Weltöffentlichkeit i.w. dieselben Träger mit zivilen Nutzlasten die öffentliche Star-Rolle.
Durch diesen ständigen Wettlauf "wer ist der größte und mächtigste?" entstand fast beiläufig die neue
wissenschaftl.-technische Kategorie "Raumfahrt", wie wir sie heute weltweit kennen, und zu der bald viele
andere Nationen aufschlossen, nicht zuletzt Europa 1964 mit seiner European Space Agency (1975).
Eine Würdigung der Leistungen Wernher von Brauns und seines Teams unter dem Blickwinkel des Ingenieurs
findet sich in diesem Aufsatz.


Von Ed Buckbee, Huntsville/Alabama, dem ehemaligen Manager Wernher von Brauns für Öffentlichkeitsarbeit
zu Zeiten der Apollo-Missionen stammt das Fazit (2011):
"Der historische Wert der von Wernher von Braun und seinem Team in Peenemünde entwickelten
Technologien besteht darin, daß sie zwei Nationen die Erforschung des Weltraums zu friedlichen
Zwecken ermöglicht haben: zunächst Rußland dann den USA. Später weiteren Nationen, zu
denen heute China und Indien zählen.
Diesen Beitrag, der vor der Geschichte seinen Wert hat, hat Deutschland geleistet."

Nach Rußland, USA, Europa, Japan, Indien, Brasilien, Israel, Korea: Auch die Wurzeln der chinesischen
Raumfahrttechnik gehen zurück auf die Pionierleistungen Wernher von Brauns und seines Teams mit der
Entwicklung des Aggregat-4 als ballistischem System für alle zukünftigen Flüssigkeitsgroßraketen.

Die aktuelle Debatte in Deutschland

Das historische Verdienst Wernher von Brauns und seines Teams als "Schöpfer" der Technologien, die der
Menschheit mittlerweile erlauben, den Planeten zu verlassen, um das Sonnensystem zu erkunden, dieses
Verdienst wird seit einigen Jahren in USA und besonders in Deutschland unter einem verengt politisch-ideologischen
Blickwinkel in Zweifel gezogen, indem Wernher von Braun Verstrickung bzw. Verantwortung für katastrophale
Arbeitsbedingungen bei der Massenproduktion des nun als V-2 bezeichneten Aggregat-4 vorgeworfen wird,
Verantwortung aus einer angeblichen Zuständigkeit, die er gar nicht hatte, sondern ganz anderen Dienstbereichen
der Wehrmacht des Deutschen Reichs unter NS-Herrschaft zugeordnet war.
Eine kürzlich erschienene Broschüre von Horst Köhler "Zur Kritik an Wernher von Braun" beleuchtet diese
Debatte ausführlich (siehe auch www.zur-Kritik-an-Wernher-von-Braun.de ) und zwar am Beispiel der 2014
politisch erwünschten Änderung des Namens des ehemaligen "Wernher-von-Braun-Gymnasiums" in Friedberg
bei Augsburg in "Staatliches Gymnasium Friedberg": Horst-Köhler-Verlag Augsburg, ISBN 978-3-00-045906-1.


Grußworte Wernher von Brauns an die Jugend
WvB-Zeichnung
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